Fortschrittlich betrifft mich nicht

Ein Stativ mit hundert Beinen
lässt sich ausdünnen auf drei, vier,
gebaut ist’s aus Zement mit Steinen;
es lebe der Erfinder hier!
Auf’s Minimum ließ er’s designen,
mit farblich ästhetischer Kuvertüre.
Zwar lässt sich hier beweisen,
dass die Menschheit vorwärts schreitet
und doch kann ich darauf scheißen,
weil’s Minimieren mir mehr Schad bereitet.

Solche feinen Leckereien
klopfen gern an vielen Türen
Und so entschieden unsere feinen
Herren: „Jawohl, auch das machen wir!“
Und ließen alle Betriebe reinigen,
schmissen raus Ballast aus Gier.
Leider kommt was wir mehr leisten
nicht zu uns, wissentlich,
daher kann ich auch drauf scheißen
dieser Fortschritt betrifft mich nicht.

So tragen wir Menschen gemeinen
Zu viert die Last von hundert Mann,
doch statt Zement können wir leiden,
denn vermehrt strengen wir uns an
und gleichgültig wie sehr wir weinen,
verweigerst du dich, stehen sechsundneunzig hintenan.
Leider kann ich mir nicht viel „leisten“,
das Jobcenter belehrte mich,
daher kann ich auch darauf scheißen,
dieser Fortschritt betrifft mich nicht.

Uns bleibt nichts übrig als sich vereinen,
wir Menschen, der erkranken kann,
zu schnell die Arbeit, zu lang die Zeiten,
ist’s das was Fortschrittsgeist entsann?
Auch wenn wir uns jetzt mehr Waren leisten
Steigen die Krankenzahlen an
und auch die Umwelt kann verschleißen,
Wasserknappheit ist als nächstes dran.
Wie lang kann der Mensch noch weiter leiden?
Ich frag euch noch einmal: wie lang?
Lasst uns endlich aufs Wachstum scheißen
Und definieren fortschritt neu, mit Mensch-sein im Einklang.

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Von Andreas Bill, 21.August’16


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