Krieg im Frieden: Jede Party findet ihr Ende

Seit Montag wird das angekündigte „Quantitative Easing“ (Quantitative Lockerung) von der EZB umgesetzt. Die EZB will schrittweise bis 2016 in Höhe von über 1000 Mrd.(!) Euro Staatsanleihen und Wertpapiere, die wenig Rendite abwerfen, vorzüglich von Banken abkaufen. Die Märkte, namentlich Finanzmärkte, sollen mit Geld überflutet werden, damit sie Kredite vergeben, um dadurch die anhaltende deflationäre Entwicklung des Euros (Preisverfall) in eine „gesunde“ Inflation (Preisanstieg) umzulenken. Damit soll entgegen einer Rezession die Konjunktur wieder auf Vordermann gebracht werden – mehr Geld, mehr Konsum. Wachstumsimpulse sollen gesetzt werden. Ein gutes Geschäft für die Banken. Sie stehen immer in der win-win-Situation, selbst wenn sie Krisen herbeiführen. Sie verkaufen unrentable Papiere, die keiner haben will, an die EZB und, da nur sie Notenbankgeld erhalten, behalten sie es einfach, um damit gute, rentable Geschäfte auf den Finanzmärkten zu machen (Wer zwingt sie die denn zu Kreditvergaben?).

Die Aktien-Kurse freuen sich. Die Spekulanten freuen sich. Die Börsen freuen sich. DieWelt-KOMPAKT spricht gar von einer „historischen Geldflut“, womit ein „neues Zeitalter“ beginnt und erklärt dann kleingeistig, wie Kleinsparer an dem Anleihen-Programm profitieren könnten; nämlich indem sie ihr Geld in Schließfächer verfrachten, da die Miete eines Schließfachs immer noch profitabler sei, als ein schlechtes Geschäft auf den Märkten. Die Sparer sollen sich folglich im Widerspruch zur EZB-Politik deflationär verhalten – statt konsumieren, sparen.

Tatsächlich, nach dem die bisherigen geldpolitischen Maßnahmen im Euro-Raum, wie die Justierung des Leitzinses nach unten (Niedrigzinspolitik) und die Negativzinspolitik für Banken, die ihr Geld bei der EZB parken, wirkungslos blieben, greift die EZB nun zu einem weiteren neuen Geschütz. Doch die EZB steht nicht alleine da. Auch der Dollar und der Yen werden auf dem laufenden Bande gedruckt und in die Finanzmärkte geschossen. Liquidität durch Geldentwertung ist die neue Formel bei schlechten Konjunkturaussichten. Ein >naiver< Einwand an dieser Stelle: wenn mehr Geld auf den Märkten das erklärte Ziel ist, warum wird dann nicht direkt in Infrastruktur und Bildung investiert, wo doch dieselben einen Aufbau bitter nötig hätten und im Haushaltsetat immer zu kurz kommen? Dies spricht gegen die Ideologie des Geldes. Sie werfen keine Profite ab – zumindest nicht unmittelbar. Der Einwand ist unzulässig. Hier wird mit dem Portemonnaie und nicht mit der Bildung gedacht.

Doch wie geht das zusammen? Seit Monaten ist die EZB bemüht, unter Inkaufnahme der Überdehnung ihres Mandats, die Konjunktur anzukurbeln, doch alles spricht gegen sie. Der Euro sinkt zwischenzeitlich auf 0%. Die Wachstumsrate der EU-Mitgliedstaaten gleitet nach unten und schwebt um die 1%-Marke. Die Staatsverschuldungen sind Fässer ohne Böden – außer beim Lehrmeister Deutschland versteht sich; da steht Schäubles Null. Einige EU-Länder sind faktisch pleite und werden nur durch die Erpressung nicht-demokratisch legitimierter „Institutionen“ auf den Beinen gehalten. Und schließlich: die EU-Arbeitslosenquote ist bereits bei 10% (die Jugendarbeitslosigkeit bei 24%). Nun gut, jetzt wird man mir besserwisserisch zu erklären versuchen: Geldpolitische Maßnahmen zeigen ihre Wirkung erst über lange Zyklen. Dann muss ich gegenfragen: warum werden dann innerhalb kürzester Zeit historisch unerprobte geldpolitische Maßnahmen, mit unerbittlicher Konsequenz, Schlag auf Schlag erlassen? Was kommt nach dem „drastischen“ Mittel der quantitativen Lockerung? Warum werden die Währungen mit internationaler Direktivfunktion, wie Dollar, Yen und Euro systematisch entwertet? Warum steigen die Gewinne von Aktien und Derivaten kontinuierlich, wo der Wachstum in der Realwirtschaft kontinuierlich stagniert bis fällt? Ist der Ölpreisverfall nur die >zufällige< Folge US-amerikanischer Schieferölförderung? Irgendetwas stinkt – und es wird ruchbarer! Entweder sind die Wachstumskapazitäten erschöpft, was nicht im Interesse des Kapitalprozesses wäre und ihm schadet, wie die EZB beispielhaft zeigt, oder hier werden mit geldpolitischen Mitteln geopolitische Ziele verfolgt; doch vielleicht trifft schlichtweg beides insofern zu, dass die geopolitischen Ziele die Ausdehnung des Marktes und damit die Öffnung neuer Wachstumskapazitäten bezwecken soll, was Eskalation hieße, sobald die Kernschmelze beginnt. Das Antlitz einer neuen Krise macht sich bemerkbar. Sie baut sich auf. Angesichts geopolitischer Verschiebungen, ökonomischer Instabilitäten und militärischer Aggressionen – in Osteuropa ist Krieg und USA, NATO, EU sind maßgeblich beteiligt! – liegt es nicht fern von einer besonders prekären Lage zu sprechen.

Und die Banker bleiben lässig. Man braucht nur ein genuiner Gläubiger zu sein und politische Gerichtsvollzieher anzuheuern. Solange die Korken knallen, kann die Party weiter gehen. Denn wo Not ist, ist auch Profit!

Von Mesut Bayraktar

Kommentar verfassen